Laterales Longieren nach Pat Parelli (sieben Spiele)


Unter lateralem Longieren nach Parelli versteht man ein Kommunikationssystem zwischen Mensch und Pferd. Beim lateralen Longieren versucht man dem Pferd beizubringen, auf bestimmte Zeichen hin, in alle Richtungen zu weichen. Der Unterschied zum normalen Longieren liegt darin, dass das Pferd beim lateralen Longieren vor allem mental trainiert werden soll, während Pferde beim normalen Longieren eigentlich nur körperlich trainiert werden.

Heute wird das laterale Longieren meistens als "die sieben Spiele bezeichnet". Meiner Meinung nach hat sich die Bezeichnung "sieben Spiele" vor allem deshalb durchgesetzt, weil dadurch eine klarere Abgrenzung zum klassischen Longieren möglich ist und der Spaß, den man bei der Arbeit mit seinem Pferd immer haben sollte, besonders hervorgehoben wird. Wundert euch also nicht wenn ich mal vom lateralen Longieren und mal von den sieben Spielen spreche, im Prinzip handelt es sich um ein und dieselbe Sache.

Bevor ihr mit dem lateralen Longieren anfangt führt ihr einen kleinen Test mit eurem Pferd durch, anhand dessen man entscheiden kann, wie es um die Laune eures Pferde bestellt ist. Bei diesen Test versucht ihr euer Pferd überall zu berühren. Falls es Stellen gibt an denen sich euer Pferd nur ungerne berühren lässt ist das ok, lasst diese Stelle einen Moment in Ruhe und versucht es dann nochmal. Sobald euer Pferd versteht, dass ihr nichts Böses im Schilde führt, wird es eure Berührungen auch hier entspannt zulassen. Versucht euch gleichmäßig und ruhig zu bewegen, so dass sich euer Pferd auf euch einstellen kann. Auf diese Art könnt ihr euer Pferd später an Berührungen durch alle möglichen Gegenstände gewöhnen wie z.B. Planen oder Regenschirme.

Nachdem ihr den Grundstein gelegt habt geht es ans laterale Longieren. Wie oben bereits geschrieben geht es hierbei darum, dass Pferd in alle Richtungen weichen zu lassen. Zunächst bringt ihr eurem Pferd bei, dem Druck eurer Fingerspitzen zu weichen, sei es nun vorwärts oder rückwärts oder indem es die Vorhand oder die Hinterhand bewegt.

Um euer Pferd rückwärts zu schicken legt ihr einfach eure Hand auf seinen Nasenrücken oder „piekt“ mit euren Fingern in seine Brust. Sollte es sich hierauf nicht bewegen erhöht ihr den Druck etwas, bis es reagiert und einen Schritt nach hinten macht. Jetzt sollte sofort der Druck vom Pferd genommen und die vorher gedrückte Stelle gestreichelt werden, um es auf diese Weise für die gezeigte Reaktion zu belohnen. Das ganze wiederholt ihr jetzt noch mal und guckt ob euer Pferd vielleicht schon etwas bereitwilliger nach hinten geht.

Kommen wir zur Bewegung der Hinterhand. Hierfür stellt ihr euch neben euer Pferd und versucht ob ihr seinen Kopf nach hinten in Richtung Schulter bringen könnt ohne dass es sich wegdreht. Zur Vereinfachung könnt ihr anfangs den Schweif eures Pferdes greifen und versuchen seine Nase und seinen Schweif zusammenzuführen. Auch drehen die Pferde die Hinterhand dann nicht ganz so schnell weg. Sollte euer Pferd nicht still stehen holt seinen Kopf nicht ganz so schnell herum, tastet euch langsam zur Schweifspitze vor. Bleibt euer Pferd stehen haltet es für ca. 10 Sekunden in dieser Position und lasst dann seinen Schweif los und streichelt es an der Flanke. Jetzt drückt ihr euren Finger leicht in die Flanke ohne dabei den Kopf loszulassen, bis sich die Hinterhand von euch wegdreht. Auch hierbei gilt es den Druck langsam zu steigern falls euer Pferd nicht reagiert. Zur Belohnung streichelt ihr euer Pferd dann an der Stirn. Diese Übung wird in beide Richtungen durchgeführt, es ist aber sinnvoll mit der hohlen Seite eures Pferdes zu beginnen, da es sich hier leichter biegen lassen wird.

Als nächstes kommt die Bewegung der Vorhand. Stellt euch auf eine Seite eures Pferdes und legt eine Hand an seinen Kiefer und eine in die Gurtlage. Versucht ob es die Vorhand auf leichten Druck in der Gurtlage bewegt. Falls nicht drückt etwas stärker und zusätzlich auch gegen den Kiefer. Weicht euer Pferd immer noch nicht geht auf es zu während ihr drückt. Klappt es immer noch nicht, erhöht den Druck bis es die Vorhand wenigstens ein Stück bewegt. Jetzt hört ihr auf zu drücken und fangt an zu streicheln. Auch diese Übung wird in beide Richtungen durchgeführt.

Beim Vorwärts übt man eigentlich keinen Druck aus. Im Prinzip kann man einfach erstmal gucken was passiert wenn man seinem Pferd den Rücken zudreht und weggeht, vielleicht kommt es ja schon freiwillig mit. Falls nicht kann man versuchen es durch leichten Zug am Strick (den man im Falle eines Falles steigern kann) vorwärts zu bewegen. Wichtig ist auch hier sofort mit dem Ziehen aufzuhören, wenn euer Pferd die gewünschte Reaktion zeigt. Anschließend lobt ihr euer Pferd wieder indem ihr es an der Stirn krault.

Nachdem ihr das Weichen auf Fingerdruck beherrscht könnt ihr euch dem Weichen mit Hilfe der Zeichen von Führ- oder Longierseil widmen. Auch hier wird euer Pferd wieder vorwärts und rückwärts bewegt. Außerdem wird es von euch auf den Zirkel, seitwärts und durch Engpässe geschickt.

Um euer Pferd am Seil rückwärts zu schicken, stellt ihr euch vor es und nehmt das Lederende eures Führseils in die Hand, haltet es hoch und wedelt damit hin und her. Weicht euer Pferd daraufhin noch nicht versetzt zusätzlich das Seil in Schwingung. Hilft das auch noch nichts schwingt noch etwas schneller (der Karabiner muss dem Pferd dabei nicht um die Ohren fliegen). Schwingt das Seil einfach so lange weiter bis euer Pferd einen Schritt nach hinten macht, dann hört sofort auf um die richtige Reaktion zu loben. Danach probiert es noch einmal, fangt auch diesmal nur mit dem Wedeln der Lederklatsche an.

Wenn ihr euer Pferd auf diese Weise zurückgeschickt habt könnt ihr als nächste Übung gleich das Vorwärts anschließen. Hierfür holt ihr das Führseil Hand über Hand ein (zunächst ganz ohne Zug). Kommt euer Pferd nicht schließt ihr die Hände etwas fester um das Seil. Hilft auch das noch nichts führt ihr die Einholbewegung etwas schneller aus. In der letzten Stufe zieht ihr dann wirklich am Seil, sobald sich euer Pferd dann aber in Bewegung setzt müsst ihr sofort aufhören zu ziehen. Bleibt es dann wieder stehen fangt ihr wieder auf der kleinsten Stufe an und guckt ob es diesmal vielleicht schon bei einer der ersten Stufen einen Schritt auf euch zu macht. Ist euer Pferd schließlich bei euch lobt ihr es indem ihr ihm ausgiebig die Stirn krault.

Kommen wir nun dazu wie ihr euer Pferd auf den Zirkel schickt. Zunächst ist anzumerken, dass ihr hierbei versuchen sollt auf einer Position stehen zu bleiben, während euer Pferd um euch herumläuft. Ihr dreht euch also nicht wie beim normalen Longieren mit. Ein weiterer wichtiger Unterschied ist, dass ihr euer Pferd anfangs maximal zwei Runden um euch kreisen lasst, bevor ihr ihm eine kurze Pause gönnt. Diese Pause ist nicht für den Körper, sondern für den Geist. Nach dieser Pause könnt ihr es wieder losschicken. So, nun aber zum eigentlichen Vorgehen. Ich erkläre die Hilfen für einen Zirkel nach rechts, links herum sind sie genau entgegengesetzt.

Stellt euch fest auf einen Punkt. Nun streckt ihr den rechten Ellenbogen und das linke Bein in die Richtung in die das Pferd gehen soll, den linken Fuß bewegst du nicht. Als nächstes schwingst du das Ende deines Führseils in deiner linken Hand in Richtung des Bereichs zwischen Pferdenase und Widerrist (hierbei solltest du dein Pferd noch nicht treffen). Bewegt sich euer Pferd noch immer nicht lasst ihr das Seilende leicht in dem genannten Bereich treffen, es sollte kein Schlag sein, eher eine Berührung, so dass für die nächste Stufe noch eine Steigerung möglich ist. Geht euer Pferd nach dieser Steigerung immer noch nicht los, verlasst ihr seilschwingend eure Position und geht auf die Vorhand eures Pferdes zu bis es sich in Bewegung setzt. Jetzt hört auf das Seil zu schwingen und lasst es durch eure Hände gleiten. So lernt euer Pferd, dass das Seilschwingen aufhört, wenn es sich in Bewegung setzt. Denkt daran das ihr euch nicht mit dem Pferd mitdreht. Übergebt das Seil hinter eurem Rücken in die andere Hand und lasst euer Pferd maximal zweimal um euch herumlaufen.

Um euer Pferd anzuhalten dreht ihr euch gegen seine Bewegungsrichtung, fahrt mit der rechten Hand am Seil nach vorne. Beugt euch leicht vor und schaut auf seine Hinterhand. Reagiert euer Pferd nicht nehmt ihr das Seilende und schwingt es in Richtung Hinterhand, damit euer Pferd sich von euch wegdreht und auf diese Weise stoppt. Klappt auch das noch nicht, greift ihr mit der rechten Hand noch etwas weiter am Seil nach vorne und versucht mit dem längeren Seilende die Hinterhand zu treffen. Jetzt sollte euer Pferd seine Hinterhand von euch wegbewegen, euch ansehen und zum stehen kommen. Wenn ihr wollt könnt ihr es jetzt wie oben beschrieben zu euch heranholen und loben, bevor ihr es linksherum auf den Zirkel schickt.

Jetzt könnt ihr euch ans Seitwärtsgehen wagen. Am besten stellt ihr euer Pferd hierfür mit dem Kopf vor eine Wand oder einen Zaun, damit es nicht nach vorne ausweicht. Ich beschreibe die Zeichen für eine Seitwärtsbewegung nach Rechts. Stellt euch zunächst auf die linke Seite eures Pferdes. Nun streckt ihr euren linken Arm etwas und zeigt mit dem Zeigefinger auf das Auge eures Pferdes. Die nächste Stufe wäre das Schwingen des Seilendes in Richtung Körpermitte. Die Steigerung hiervon wäre, dass ihr euer Pferd in der Körpermitte mit dem Seilende trefft (wie sonst auch ist kein Schlagen gemeint, sondern ein leichtes Streifen). In der letzten Stufe schwingt ihr das Seilende schneller und geht auf euer Pferd zu. Wieder gilt, dass ihr mit dem Seilschwingen aufhören müsst, wenn euer Pferd die gewünschte Reaktion zeigt. Außerdem solltet ihr darauf achten das Seil nicht zu dicht am Haken zu fassen, damit euer Pferd auch weichen kann ohne gleich wieder gegensätzlichen Zug am Kopf zu haben. Später sollte das schwingende Seilende zwischen Vorhand und Hinterhand hin und her wandern, so dass euer Pferd zunächst seine Vorhand und dann seine Hinterhand bewegt.

Als letztes wäre noch das Engpassspiel zu nennen. Hierbei stellt ihr euch in einem Abstand von 1-2 Metern vor eine Wand oder einen Zaun. Jetzt longiert ihr euer Pferd zwischen euch und der Wand hindurch. Die Zeichen sind die gleichen wie beim links- und rechtsherum auf den Zirkel schicken. Sollte euer Pferd nicht durch den Engpass gehen wollen vergrößert den Abstand einfach etwas, so dass es mehr wie das einfache Longieren aussieht. Irgendwann sollte euer Pferd dann auch bei Abständen von einem Meter zwischen euch und der Wand hindurchlaufen.

Das wäre es im großen und ganzen zum lateralen Longieren bzw. zu den sieben Spielen. Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass nicht jede Übung bei der ersten Trainingseinheit funktioniert. Im Schnitt brauchen Pferde ca. sieben Trainingseinheiten um eine neue Sache zu verinnerlichen, gebt euch also anfangs auch mit kleinen Fortschritten und Erfolgen zufrieden und dehnt eine Trainigseinheit nicht bis zum geht nicht mehr aus. Im Prinzip kann man diese "Spiele" schon sehr lange am Stück spielen, aber sowohl ihr als auch euer Pferd solltet Spaß dabei haben. Wenn ihr also merkt das euer Pferd eigentlich genug hat, kommt zu einem positiven Ende und seid zufrieden. Frust und Zorn im Umgang mit Pferden bringt in den seltensten Fälle etwas und besonders schafft man damit keine Vertrauensbasis.

Im Laufe der Zeit sollten die Hilfen auch immer feiner werden. Musste man anfangs das Pferd mit einem schwingenden Seil zurückschicken, reicht irgendwann eine Fingerbewegung. So wird es bei jeder der Übungen laufen, wenn man einfach genug Zeit und Geduld mitbringt und je mehr Zeit man hat, desto weniger wird man brauchen.

Zu den Zeichen die man für die Kommunikation mit seinem Pferd verwendet möchte ich noch anmerken, dass die hier beschriebenen keine festen Vorschriften sind. Im Prinzip wählt man irgendwann das was für das Pferd und einen selbst am besten funktioniert. Die einen wedeln mit dem Finger um ihr Pferd zurück zu schicken, die anderen benutzen kleinste Zeichen mit dem Stick. Es kann auch sein, dass manch ein Pferd auf ein Zeichen besser reagiert als auf ein anderes, das gilt es herauszufinden. Und für den Fall das mal etwas nicht klappt ist es vielleicht nötig einfach mal etwas anderes zu versuchen. Generell gilt, niemals das Nachdenken einzustellen und Probleme nicht erst lösen zu wollen wenn man wieder bei seinem Pferd ist, sondern einfach auch zu Hause schon mal mögliche Lösungswege zu durchdenken.

Allen die sich noch intensiver mit diesem Thema auseinandersetzen wollen kann ich zusätzlich noch das erste Buch von Pat Parelli empfehlen.

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